kontiki diskutiert Mensch – Maschine – Interaktion

André Neiß, Vorstandsvorsitzender der üstra, Hannoversche Verkehrsbetriebe AG, zeigte unter Bezugnahme auf 120 Jahre Straßenbahn in Hannover, dass einfache Bedienung von Automaten stets zu Kundenzufriedenheit und Akzeptanz führen. Für die Zukunft bezog er die Smartphone-Nutzung ausdrücklich mit ein. Ralf Nachbar, Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft, berichtete über Aspekte der qualitativen EFM-Marktforschungs- Studie, die sich damit auseinandersetzte, wie der Kunde die Interoperabilität sieht. In einer in ganz Deutschland erhobenen Stichprobe wurden Themen wie Zusatznutzen, Hemmschwellen, zusätzliche Fahrten und Zahlungsbereitschaft abgefragt. Einige hervorstechende Ergebnisse sind:

  • Interoperabilität wird sehr positiv bewertet, besonders wenn sie als ein Weg zu einheitlicher Tarifstruktur, gleichen Automaten und gleichen Preisen angesehen wird.
  • Vergleich Papierfahrschein – eTicket wird in der Tendenz zugunsten eTicket eingeschätzt, nur etwa 15% bewerten den Papierfahrschein positiv.
  • Undurchsichtige Tarifstruktur und schwer verständliche Menüführung werden als Hemmschwelle für die Nutzung des ÖPNV, eingestuft.
  • Ein einfaches Produkt auf Interoperabilitätsniveau schätzen besonders Städtereisende, die darin eine deutliche Verbesserung des Kundenservice sehen.
  • eTicketing per Handy und Chipkarte mit automatischer Preisfindung erwarten die Benutzer nicht erst in 20 Jahren, sondern innerhalb der nächsten 5 Jahre.
  • Die Ängste der Teilnehmer konzentrieren sich auf Datenschutzrisiken [gläserner Mensch], nicht nachvollziehbare, weil zu schnelle, technische Entwicklung, Verlust von persönlichem Service, fehlende Kostenkontrolle.
  • Eine Nutzungssteigerung ist aus dem Bereich der Gelegenheitsfahrer zu erwarten.
  • Zur Zahlungsbereitschaft zeigte sich, dass ein Großteil der Kunden keinen Mehrpreis für eTicketing und Interoperabilität zahlen möchte und alle gängigen Zahlmöglichkeiten (Prepaid, Kreditkarten, Lastschrift) erwartet.

Grundsätzlich ist aus der Studie abzuleiten, dass die bisher im ÖPV vermuteten Kundenerwartungen validiert werden konnten. Damit ist eine Basis für Konzeptarbeit geschaffen und ein Ansatz für weitere quantitative Kunden-Untersuchungen gegeben.

Sjef Janssen, VDV-Kernapplikations GmbH, referierte über die Ergebnisse der VDV-Taskforce zur „Strategie eTicket Deutschland“. Er stellte die Tätigkeit und die Ergebnisse der Taskforce von 1999 bis 2011 dar. Wesentliches Ziel war, die Potenziale für eTicket abzuschätzen. Die Strukturen in Verkehrspolitik und Verkehrswesen sind in Deutschland sehr heterogen, entsprechend dazu auch die Haltungen zum eTicketing. Ziele und Nutzen sind geprägt von „hoheitlichen“ Entscheidungen der einzelnen Verbünde und Verkehrsunternehmen. Zur Diskussion neuer Technologien führte Janssen aus, dass Verfahren wie PayPass, mpass, GeldKarte und Google möglicherweise eine Ergänzung zum EFM sein können, aber nicht die geforderte Gesamtfunktionalität Bezahlfunktion, Fahrschein und Kontrolle abdecken können.

Elke Fischer, VDV-Kernapplikations GmbH, zeigte in ihrem Vortrag (((eTicket Deutschland, wie mit einer Kundenschnittstelle dem Kunden die Bedienung in allen Systemen erleichtert werden soll. Einleitend wies sie besonders darauf hin, dass zur Realisierung der KA-Kundenschnittstelle (KUSCH) qualifizierte Beratung und Betreuung der Verbünde und Verkehrsunternehmen notwendig ist. KUSCH ist einerseits definiert als standardisiertes Bezahlverfahren für den Kunden, das gleichzeitig die Basis für die Abrechnung der Verkehrsunternehmen bildet. Andererseits beinhaltet KUSCH ein Bündel von Handlungsabläufen, Verfahrensweisen und Logos/ Piktogrammen.

„Der Kunde spricht nicht nur mit dem Terminal“ – Verena Obergfell, BOGESTRA, referierte aus der Perspektive des Fahrgastes, der Handlungssicherheit durch Information braucht. Hierzu sind Leistungsangebot, Orientierung im System und Preis unabdingbar. Zur Informationsbereitstellung dienen Online- und Printmedien und die persönliche Beratung. Für das Verkehrsunternehmen bedeutet die persönliche Beratung Neukundengewinnung, gezielte Information und Kundenbindung. Die Bedeutung der Soft Skills bei Mitarbeitern im direkten Kundenkontakt wird auch im eTicketing einen hohen Stellenwert behalten.

Michael Hegenbarth, Bundesdruckerei, fasste in seinem Vortrag „Schnell muss es gehen“ die für die Gestaltung von Nutzermedien relevanten Normen zusammen, die zur Erfüllung der Aufgaben wie Datenübertragung, Datenbearbeitung und -speicherung notwendig sind. Wesentlich war der fundamentale Hinweis, dass die Normen für Kontaktlos-Datenübertragung und NFC nicht kompatibel sind. Es kann möglich sein, dass beide Verfahren zusammen eingesetzt werden, aber eine solche Zufallskompatibilität wird zurzeit durch keine Norm gesichert. Die Normsicherheit wird frühestens in zwei Jahren gegeben sein.

Sjef Janssen berichtete in den (((eTicket Deutschland NEWS, dass mit ASM ein Tool für Verwaltungsaufgaben bereitgestellt wird. Innerhalb der KA wird es für Verträge und SAM’s genutzt. PKM wird für Verkehrsunternehmen zur Produktverwaltung entwickelt. Als Bestandteil der KAStrategie wird es eine Smartphone-Strategie geben. Die Chipkartenausschreibung erfolgt 2012 in mehreren Losen. Das Teilprojekt KoMi –Kommunikation und Migration – wird Ende Mai abgeschlossen.

Wolfgang Beinhauer, Frauenhofer Institut IAO, sprach über die Ideen, die vom Fahrkartenspender zum Erlebnisautomaten führen. In einem Arbeitskreis wirken Teilnehmer aus sehr unterschiedlichen Anwenderkreisen zusammen, der Personenverkehr ist mit verschiedenen Unternehmen beteiligt.

Bisher wurden durchgeführt:

  • Trendstudie Benutzer zur Erfassung von Anforderungen und Erwartungen
  • Erhebung des Marktpotentials
  • Studie zur Festlegung der generellen Qualitätsanforderungen
  • Bericht über Zukunfts-Szenarien

Im AK wurde festgestellt, dass wesentliche Fragen des Benutzers seinen individuellen Nutzen gegenüber anderen Verkaufsalternativen betreffen, gibt es einen Bonus oder Incentivs? Die Attraktivität – optisch und auch das Spielverhalten Erwachsener betreffend – wurde als Kriterium für die Automatennutzung festgestellt, wobei auch neue Technologien wie die Wischtechnik am Touchscreen eine Rolle spielen. Das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation wird seine Untersuchungen fortsetzen und in Veröffentlichungen darüber berichten.

In sechs Foren wurde nach Impulsvorträgen sehr intensiv diskutiert. Im Forum „Vertrieb mit eTicket“ standen die Bewertung der TaskForce eTicket Deutschland von Systemen, Technologien und Verfahren im Mittelpunkt. Das Round Table „Industrie“ wird in Zukunft regelmäßig anstehende Themen diskutieren. Im Forum 3 ging es um die Funktionsweise von Interoperabilitätsnetzwerk und zentraler Vermittlungsstelle des eTicket Deutschland. ION und ZVM sind etabliert, es wird erwartet, dass zu dem zentralen Angebot auch eine dezentrale Architektur entsteht. Forum 4 befasste sich mit dem Versionsmanagement der VDV-Kernapplikation und dem Release Management. Es war eine sehr vitale Diskussion mit der deutlichen Ansage, dass es noch viel zu tun gibt. Es wird eine klare Festschreibung des Standards erwartet. In Forum 5 wurden die Ergebnisse der EFM-Marktforschung im Detail vorgestellt. Der Fahrgast erwartet Interoperabilität, zumindest in stark besuchten Regionen, und stellt sich vor, dass er sein Ticket in Zukunft in gewohnter Weise überall buchen kann, so wie er sein Handy auch überall nutzen kann. Forum 6 befasste sich mit der Machbarkeitsstudie „In-Out-Systeme“. Es war ein Blick in die Zukunft des eTicketing mit technischem Fokus. Neue Systeme wurden untersucht; ein Ergebnis ist, dass die neuen Systeme bei vollständiger Umstellung wirtschaftlich machbar sind.

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