Onlinevertrieb mobilisiert ÖPV

Ulrich Sieg, stellv. Vorstandsvorsitzender Hamburger Hochbahn AG, zeigte in einem kurzen Rückblick die Bedeutung der Hochbahn von 1912 bis heute, untermauerte die Darstellung auch mit Zahlen und Fakten, von denen besonders ein Kostendeckungsgrad von 88 Prozent im Konzern mit Erstaunen wahrgenommen wurde. Auch die komplexe Infrastruktur, die Neubauplanungen und die Anwendung neuster Technologien, wie Energie-Rückgewinnung, fanden das Interesse der Zuhörer ebenso wie das neue Konzept, die Kapazitätssteigerung – plus 30 Prozent durch steigende Fahrgastzahlen – auch durch Abfertigungsbeschleunigung mit eTicketing zu realisieren. Mit besonderem Interesse erwarteten die Konferenzteilnehmer die Ausführungen von Niels Hartwig, Leiter Referat Personenverkehr des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), zum Förderprojekt (((eTicket Deutschland. Hartwig erläuterte das 3. Verkehrsforschungsprogramm der Bundesregierung mit dem speziellen Baustein eTicketing und machte die Randbedingungen und die Zielrichtung der Förderung des Bundes in diesem Bereich deutlich: Das Programm wurde in drei Förderphasen gegliedert: Technikentwicklung, Organisation/ Umsetzung und Systeminnovation, die sich von 2005 bis 2014 erstrecken: • 2005 Entwicklung der VDV-Kernapplikation • 2010 Wiesbadener Erklärung: Schaffung einer einheitlichen Ticketplattform für den ÖPV in Deutschland • 2011 zweite Förderungsrichtlinie • 2014 sukzessive Herstellung der Interoperabilität. Durch politische Veränderung des Fokus auf eMobility können allerdings bis 2014 nicht, wie zunächst angekündigt, etwa € 20 Mio. bereitgestellt werden, da ein erheblicher Teil der Mittel nun zugunsten der eMobilität abgezogen wird. So stehen bis 2014 nur noch € 5,1 Mio. zur Verfügung, mit denen nur die laufenden Förderprojekte zu Ende geführt werden können. 2012 und 2013 werden keine Mittel des Bundes für neue Projekte im eTicketing zur Verfügung stehen. Es ist notwendig, den Mitgliedern des Haushaltsausschusses die Bedeutung des eTicketing für die nachhaltige Entwicklung des ÖPV vor Augen zu führen. Hartwig stellte dar, dass der Weg in die Zukunft nach Abschluss der laufenden Projekte nur über ein stärkeres Engagement der Länder führt, mit den Randbedingungen: KA-Konformität, Abstimmung aller Projekte und Vernetzung der Akteure, und dies auch wesentlich mit der Aktivität von Kontiki. Die Diskussion zeigte, dass ohne attraktiven ÖPV keine nachhaltige Entwicklung möglich ist. Dazu müsse auch eine Aktivierung der Verantwortung des Bundes beitragen, denn ganzheitlicher ÖPV ist keine reine Ländersache. Matthias Wiarda, Leiter Tarif, Vertrieb, Marktkommunikation, Hamburger Verkehrsverbund, stellte die aktuelle Situation des eTicketing-Projekts in Hamburg vor. Ein bedeutender Erfolgsfaktor des Hamburger Projektes ist der Image-Gewinn durch den Marketingansatz mit einer einheitlichen, lebensbegleitenden, Kundenkarte (Kunden Life Cycle), einem neuen Tarifangebot, bargeldlosem Verkauf, Reduzierung von Missbrauch und der Interoperabilität. Wiarda stellte den Projektstufenplan im Detail vor und nannte auch als „Lessons learned“ die Gründe, die zu verschiedenen Verschiebungen des Pilotstarts geführt haben. Dies wurde aus Beiträgen von Industriepartnern, die an dem Projekt beteiligt sind, untermauert: • Die Problematik der Versionierung der KA (Abstimmung der unterschiedlichen Versionen) muss gelöst werden. • Die Erwartungen an Projektpartner sollten an den Anforderungen an das eigene Unternehmen geprüft werden. • Komplexitätsmanagement und Qualitätssicherung dürfen nicht unterschätzt werden • Die politische Dimension der Komplexität bei eTicketing-Projekten wird nicht ausreichend kommuniziert: Viele Politiker/Abgeordnete sehen im eTicketing nur den Austausch von Papier gegen eine Chipkarte. Es fehlt das Verständnis für die Komplexität des eTicketing, die mit der der LKW-Maut gleichzusetzen ist. Mathias Hüske, Leiter Online- und Agenturvertrieb der DB, machte deutlich, dass eTicketing und Onlinevertrieb fließend ineinander übergehen. Ein Online-Ticket ist ein eTicket und kein Papier- Fahrschein. Es erfüllt die Aufgaben des Sicherstellens der Fahrberechtigung und des Missbrauchsausschlusses. Der Onlinevertrieb bietet darüber hinaus eine Vielzahl von Mobilitätsdienstleistungen von der Fahrplanauskunft bis zur Hotelbuchung an. Die DB erweitert dieses Service-Angebot ständig benutzerorientiert und kundenfreundlich. Die Internetnutzung wird dabei verstärkt und eine Vielzahl von Apps entlang der Reisekette bereitgestellt. Das Mobilitätsmanagement der DB wird in Zukunft Social Media in ihr Konzept einbinden. Horst Stammler, Geschäftsführer Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart, und Dr. Martell Beck, Leiter Marketing und Vertrieb der Stuttgarter Straßenbahnen AG, zeigten in ihrem Beitrag, dass eTicketing wesentlich mehr als die kontaktlose Chipkarte beinhaltet. Die VVS-Homepages seien Markenwaren-Homepages. Mit dieser Philosophie sichere der VVS ständig steigende Besucher- und Nutzerzahlen, z.Zt. ca. 10 Mio. pro Monat. Fahrplanauskünfte im Echtzeitsystem sind für etwa 80 Prozent des Leistungsangebots realisiert, ebenso sind aktive Störungs- Informationen – per SMS und eMail – abonnierbar. Das Informationsangebot ist intermodal, es bietet zusätzlich zu den ÖPV-Informationen auch Services für Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger und Freizeit-Interessierte an. Dabei werden beide Kanäle, Internet und Handy, bedient. Der VVS hat das Ziel, bis Ende 2011 HandyTicket und Onlinevertrieb zu verschmelzen. Auch Facebook wird als erste Realisierung des Social Media Bereichs im VVS genutzt. Ein erstes Fazit: Der ÖPV ist reif für den Onlinevertrieb. Onlinevertrieb für ÖPNV und SPNV bei der Hamburger Hochbahn war das Thema von Dirk Bestmann, Bereichsleiter Vertrieb und Verkehrswirtschaft der Hamburger Hochbahn AG. Einleitend machte Bestmann deutlich, dass die Hamburger Hochbahn im Vertrieb den personalbedienten Verkauf trotz verstärkten Online-Einsatzes nicht vernachlässigen wird, da die Servicestellen der Kommunikation mit dem Kunden dienen. Nur mit qualifiziertem Personal kann der Vertrieb verkaufen, informieren und expandieren. Vertrieb ist kein Kostenfaktor, sondern ein Erlösbringer. Die Hamburger Hochbahn hat den Onlinevertrieb als Internetverkauf und als Web- Shop Fahrkartenkauf realisiert. Bestmann stellte für beide Kanäle die Systemarchitektur vor. Sjef Janssen, Geschäftsführer VDV-Kernapplikations GmbH & Co. KG, griff in den (((eTicket Deutschland NEWS die Problematik der gestrichenen Fördermittel noch einmal auf und berichtete über die Aktivitäten des VDV, um doch noch zu einer zufriedenstellenden Perspektive für das eTicketing zu gelangen. Die Plenarvorträge wurden durch Foren mit Impulsreferaten und einer Exkursion ergänzt: Im Forum ‚eTarif‘ standen die technischen Möglichkeiten und Grenzen des eTarifs und innovative Tarife im Mittelpunkt der gemeinsamen Überlegungen. Im Forum ‚Qualifizierte Abnahme von eTicket-Komponenten‘ setzten sich die Teilnehmer mit Problemen der KA-Zertifizierung auseinander und diskutierten die EFM-Qualitätssicherung in Nordrhein-Westfalen. Die Exkursion ‘Erfahren des eTicket im HVV‘ lieferte die technischen Details des Pilotprojektes in der Praxis. Thema des Forums ‚HandyTicket‘ war die Zusammenführung der Projekte in der AG HandyTicket. Working Group Interoperability hat ihre Aufgabe mit der Fertigstellung des Dokuments zur europäischen Interoperabilität abgeschlossen. Die neuen Technologien sollen auch in Zukunft auf der Kontiki- Agenda stehen und mit „Lessons learned“ soll der Erfahrungsaustausch weiterentwickelt werden. www.kontiki.net 

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